Isolde Charim in der taz über Bachmann, aus rede in Klagenfurt, mit dank an itc.alex. stimmt schon, bleibt aber irgendwo in der etwas zu selbstgefälligen reflexion auf einem korrekten oberseminargedanken hängen. das sollte schon noch irgendwie weitergedacht werden können.
"Damit erhält der Roman einen Tagebuchcharakter. Das Tagebuch aber suggeriert, "dass es die Figur Ich nicht zu erschaffen braucht", weil sie vorhanden ist - eine trügerische Vorstellung. Bachmann selbst legt in ihrer Poetikvorlesung dar, dass jedes Ich im Text konstruiert ist - selbst dort, wo es biografisch ist. Ja, gerade dort. Ein unproblematisches Ich im Text sieht sie nur in Memoiren von historischen Personen gegeben: bei Politikern, Staatsmännern oder Militärs. Diese Art von Text-Ich sei mit dem Autor identisch und insofern "naiv" - eine selbstverständliche, unhinterfragte Identität von Autor und Text-Ich.
Bachmann erläutert nicht die Ursache, aber man kann annehmen, Handelnde, Politiker haben ein selbstverständliches Ich im Text, weil sich ihre Identität anderswo konstituiert. Ihr Handeln findet also jenseits des Textes statt - im Unterschied zum Schriftsteller. Dieser handelt demnach im Text. Er konstituiert sich als solcher ebendort.
Das ist aber eine knifflige Angelegenheit. Ist der Text nun das Medium der symbolischen Konstitution des Autors oder des Text-Ichs? Die Antwort lautet: Beide entstehen dort und sind doch nicht identisch (wie beim Politiker). Man muss vielmehr sagen, der Autor entsteht gerade daraus, dass er nicht das Subjekt im Text ist, dass er eben nicht Inhalt seiner Erzählung ist."
"Damit erhält der Roman einen Tagebuchcharakter. Das Tagebuch aber suggeriert, "dass es die Figur Ich nicht zu erschaffen braucht", weil sie vorhanden ist - eine trügerische Vorstellung. Bachmann selbst legt in ihrer Poetikvorlesung dar, dass jedes Ich im Text konstruiert ist - selbst dort, wo es biografisch ist. Ja, gerade dort. Ein unproblematisches Ich im Text sieht sie nur in Memoiren von historischen Personen gegeben: bei Politikern, Staatsmännern oder Militärs. Diese Art von Text-Ich sei mit dem Autor identisch und insofern "naiv" - eine selbstverständliche, unhinterfragte Identität von Autor und Text-Ich.
Bachmann erläutert nicht die Ursache, aber man kann annehmen, Handelnde, Politiker haben ein selbstverständliches Ich im Text, weil sich ihre Identität anderswo konstituiert. Ihr Handeln findet also jenseits des Textes statt - im Unterschied zum Schriftsteller. Dieser handelt demnach im Text. Er konstituiert sich als solcher ebendort.
Das ist aber eine knifflige Angelegenheit. Ist der Text nun das Medium der symbolischen Konstitution des Autors oder des Text-Ichs? Die Antwort lautet: Beide entstehen dort und sind doch nicht identisch (wie beim Politiker). Man muss vielmehr sagen, der Autor entsteht gerade daraus, dass er nicht das Subjekt im Text ist, dass er eben nicht Inhalt seiner Erzählung ist."
jurijmlotman - am Freitag, 6. Juli 2007, 11:40 - Rubrik: goetzblog