aesthetik des protests
aging of pop
alte deutsche literatur
archiv_aufsaetze
cento
computational humanities
die spd neu erfinden
digital lifestyle
DOWNLOAD tagebuchliteratur
dylan
emerging democracy
first life
goetzblog
ich
journalintime
language games
... weitere
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren
jurij m. lotman (R.I.P.)
die grenzen des textes sind die grenzen der welt

 

cento

how to write desk haikus

[1.]
Der Ritter: ich möchte mit dir sprechen, so aufrichtig ich es vermag, doch mein Herz ist leer. Die Leere ist ein Spiegel, der mein Gesicht gewendet ist. Ich sehe mich selbst und werde von Schrecken und Widerwillen ergriffen.
Der Tod: Und doch willst du nicht sterben.
Der Ritter: Doch, ich will es.
Der Tod: Worauf wartest du dann?
Der Ritter: Ich will Gewissheit haben.
[2.]
Für mich sind Leute wie eine Serie von Zimmern, all jene Orte, an denen ich einige Zeit verbracht habe. Du betrittst sie das erste Mal, neugierig auf diesen neuen Raum, eine Lampe, einen Fernseher. Dorch irgendwann ist das Neue verschwunden, und dann kommt die kriechende Angst ... Ich glaube, nach einer Weile spricht eine Stimme zu einem, und dann ist es Zeit abzuhauen. Selbst wenn man gar nicht will, ergreift es Besitz von einem. Ich bin eine Art Tourist, einer, der Ferien auf Dauer macht.
[3.]
No reply ... I'm trying hard to somehow frame a reply. Pictures, I've got pictures, and I run them in my head when I can't sleep at night.
[4.]
Thomas: ... mehr die Wahrheit, dass wir mitten in einer Rechnung stehen, die lauter unbekannte Größen enthält und nur dann aufgeht, wenn man einen Kniff benützt und einiges als konstant voraussetzt. Eine Tugend als Höchstes. Oder Gott. Oder man liebt die Menschen. Oder man hasst sie. ... Schwer ist es nur sein Gefühl zu finden, wenn man keine andere Voraussetzung akzeptiert, als dass dieser entsprungene Affe, unsere Seele, auf einem Lehmhaufen kauernd, durch Gottes unbekannte Unendlichkeit saust.
[5.]
Giant steps are what you take ... walking on the moon.

... n. anthology of short quotations; any patch-work-like composition. centonical, a. centonism, n. composition of a cento.

© From the Hutchinson Encyclopaedia.
Helicon Publishing LTD 2000.
All rights reserved.

"Wir sind so leer, innerlich so leer - und es ist uns so egal. Es ist nichts trauriger anzusehen, als das unvermittelte Streben ins Unbedingte in dieser durchaus bedingten Welt. Es erscheint im Jahre 1830 vielleicht ungehöriger denn je. Ich habe keine Gefühle für irgend jemand anderen, außer für mich selbst, mein wunderbares Selbst. "Und wir sollen", fragte Walter mit Schärfe, "auf jeden Sinn des Lebens verzichten?" Ulrich fragte ihn, wozu er eigentlich einen Sinn brauche, es ginge doch auch so, meinte er." ...

... "Von der Wirklichkeit wissen wir nur, dass dass die 'wirkliche' Welt sich ausschließlich dort offenbart, wo unsere Konstruktionen scheitern. Da wir das Scheitern aber immer nur in jenen Begriffen beschreiben und erklären können, die wir zum Bau der scheiternden Strukturen verwendet haben, kann es uns niemals ein Bild der Welt vermitteln, die wir für das Scheitern verantwortlich machen könnten. Auf den Straßen, in Läden und Bussen, reden die Leute ununterbrochen, belehren sich mit angelesenem Wissen, stellen gewichtige Sätze auf. Und manche sprechen von der Zukunft, aber sie, sie spricht nur leise - sie weiß, Erfolg gibt es nur im Scheitern, und Scheitern ist wahrhaftig kein Erfolg."

... "Wir sehen, und dieser Tatbestand amüsiert uns: In Hinsicht auf die Vergangenheit unterliegen wir einer Art von Vorurteil. Uns will nämlich scheinen, dass Vergangenes wirklicher als zukünftiges ist. Folgerichtig betrachten wir uns selbst, die Welt überhaupt als Ergebnis einer genau zu verfolgenden Geschichte, in der Weise etwa: Erst war A, dann kam B hinzu, es wurde C. Wir glauben, die Vergangenheit definiere uns. Wir glauben, auf unser Gedächtnis gestützt, im Vergangenen Gewissheiten zu besitzen, die unserem Jetzt Halt verleihen. Doch das ist nur ein Wunsch."

... "Was hat es also für einen Sinn, sich betrogen zu fühlen, was hat es für einen Sinn, überhaupt zu fühlen? Mein Gott, ich ersticke noch mit meinem brachliegenden Enthusiasmus in dieser banalen Zeit. Denn ich bedarf gewaltiger äußerer Emotionen, um glücklich zu sein. Aber diese Ordnung ist nicht so fest, wie sie sich gibt, kein Ding, kein Ich, keine Form, kein Grundsatz sind sicher ... und die Gegenwart ist nicht als eine Hypothese, über die man noch nicht hinausgekommen ist. Ah, ich war damals so viel älter, ich bin viel jünger jetzt.

        

twoday.net AGB

xml version of this page

xml version of this topic

powered by Antville powered by Helma