"Schreiben im Netz: wunderbar, Schreiben für die Zeitschrift, für den Druck: es ging nicht. Der Gedanke an den Leser, den ein Zeit-schriftenartikel doch auf eine irgendwie vernünftige Weise ansprechen muss, machte mich sofort verrückt, verwirrt und unendlich elend und matt. Noch mehr der Zeitdruck: Artikel muss in zwei Stunden fertig sein. In zwei Stunden schreibe ich normalerweise zwei Zeilen, jetzt sind aber plötzlich 40 gefragt. Internet und Literatur hingegen sind Verwandte für mich, weil sie beide so niedrige Nichtpodeste sind, die Niedrigkeit und Bodennähe, von der aus da gesprochen wird, immer leise, auch wenn das Gesagte heftig gedacht und gemeint sein kann, geben eine Bewegungsfreiheit im Sprachlichen und Weltanalytischen vor, die einen Radikal-individualismus, für bestimmte Schreibernaturelle ideal, ermöglichen und so den genau darauf spezialisierten Text auf optimale Art zulassen."
jurijmlotman - am Sonntag, 18. Mai 2008, 12:06 - Rubrik: goetzblog