"Aber natürlich wird gerade auch der, der Realität besonders triftig abgelauschte Erfahrungsgestus, zu schriftlicher Sprache festgefroren, blitzschnell das Klischee seiner selbst, also unbrauchbar für Literatur. Realismus ist ein aggressiv gegen sich selbst gerichtetes, sich selbst verbrauchendes und zerstörendes ästhetisches Konzept. Und auch darin könnte man die Bestätigung einer realistischen Ästhetik sehen, dass Selbstzerstörung der Praxis des Lebens entspricht, das sich selbst lebendig, als Experiment versteht, ohne es sich im Fragmentaristischen, im Provisorium gemütlich zu machen, gerade im Ausgriff auf ein Ganzes von Geschichte. Selbstzerstörung: das war richtig, steht dadurch als richtig fest, ist dadurch unwiederholbar, heißt dadurch: wie geht es weiter? Keine Ahnung."
jurijmlotman - am Sonntag, 18. Mai 2008, 12:08 - Rubrik: goetzblog