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jurij m. lotman (R.I.P.)
die grenzen des textes sind die grenzen der welt

 
… Wie krank ist das denn (hier die veranstaltung, hier Google):

vgl auch
http://www.hallerjugend.at/ nach dem Stand vom 31. Dez. 1969 23:59:59 GMT

Das in dieser Pop-Lesung so eindeutige und so merkwürdige Phänomen, dass auch in der an sich (d.h. dem Selbstverständnis nach) geschichtslosen Popkultur eine erstaunliche Zunahme von Wissen erfolgen kann. Was hier also etwa 21/22jährige aus der Diaspora dazu befähigt, sehr frisch und erstaunlich souverän über 3 Jahrzehnte voll Material zu verfügen. So souverän, wie ich das günstigstenfalls vielleicht gerade mal jetzt könnte, aufgrund der gesammelten Weisheit meiner 43 Lebensjahre, wenn ich nicht eben deshalb so unfrisch wäre.

Hängt wohl irgendwie auch mit dem Stuckrad-Phänomen zusammen, der ja auch extrem jung seine spezifische Frühreife erreicht hatte, obwohl der Vergleich in dem Zusammenhang sicher nicht ganz fair ist. Stuckrad als das Pop-Gegenstück zum genialischen Primaner Hugo von Hofmannsthal, der ja auch irgendwie steckenblieb und trotzdem/deshalb interessante Alterswerke produzierte.

Es gibt also wohl doch so etwas wie eine kollektive Intelligenz, die in bestimmten historischen Konstellationen entbunden wird. Aber wo ist die bloß lokalisiert? Das ist ja nicht dasselbe wie die bekannte Tatsache, dass Pop-Genialität immer neu frisch geboren werden und sich in unschuldigen 18-Jährigen manifestieren kann. Da geht es um Inspiration. Hier geht es um Wissen.

(Die selbst gemachte Literatur war ja nicht genialisch, sondern dem Alter durchaus angemessen, im Gegensatz zum z.B. hier literarisch wie immer interessanteren Blog. Aber die gesamte Haltung und Perspektive irgendwie schon.)

Merkwürdig auch: Dass die jungen Menschen meiner Erinnerung nach vor 25 Jahren in Freilassing im „Schmugglergenauso hätten aussehen und haargeschnitten und gekleidet sein können. Und das die dann so was Popintellektuelles hervorbringen, anhören, goutieren.
assotsiationsklimbim meinte am 22. Dez, 18:13:
schön auch schon 1969 spuren im netz hinterlassen zu haben. (wobei uns das im nachhinein ja eher peinlich ist, aber den fehler mußten wir wohl machen).

und sonst hätt ich auch noch so viele "find ich auch"s, "ja, aber.."s, "seh ich genau umgekehrt"s und "apropos" anzumerken, aber keine zeit jetzt, das lieber mal in ruhe geordnet. wobei man über sich selber wohl eh nichts sagen kann. 
jurijmlotman antwortete am 22. Dez, 20:50:
ja abers, genau umgekehrts ...
... würde ich wirklich gern hören. (sehr nebenbei: der schmuggler-link ist wirklich empfehlenswert, weil extrem schräg. zuschriften auf hans-söllner-fanseite.) 
assotsiationsklimbim antwortete am 26. Dez, 14:17:
der schmuggler-link ist wirklich ganz große klasse. nur eben, um zum ersten "ja,aber" zu kommen, finde ich verhältnismäßig schrecklich, dass bei uns die jungen menschen gleich aussehen wie die vor 25 jahren, die dann auch noch den hass-typen schlechthin söllner mögen. da hätte ich eigentlich zunahme von wissen und schönheit erwartet, aber das haben uns die h&m-designer wohl verbockt.

nur (so arrogant das klingt, aber ist wohl so) sind teile unseres publikums wahrscheinlich auch nicht so weit von so geschmacksverirrungen wie söllner entfernt, wie ich das gerne glauben würde. die kommen großteils nur, weil sie uns lesende eben persönlich kennen und mögen und weniger aus liebe zu den dingen selbst, oder weil wir so großartiges leisten würden. (was ich wieder sehr schade finde, dass man nicht über den entfernteren und von vornherein wohlgesonnenen bekanntenkreis hinauskommt, was andererseits beim grad unserer dilettanz wohl auch nur gut ist.)

lustig auch der google-link. als wir uns auf den namen festlegten, wußten wir gar nicht, dass das in deutschland so ein modespruch war, da sind wir erst später draufgekommen, fanden das dann aber sehr witzig und passend.

das lob unseres 3-jahrzehntsmaterials freut mich zwar, aber halte das für nichts besonderes. was nun keine blöde koketterie sein soll, aber eben: dank internet und buchhandel kann wirklich jede(r) jederzeit an jedem ort mit ein bißchen arbeit so ein programm zusammenstellen (was, wie ich jetzt beim schreiben erst merke, wohl genau das ist, was sie auch meinen, denke ich. insofern wird wohl doch irgendwie alles sehr wohl besser, was zu behaupten ich ja auch nie müde werde. andererseits, wenn ich zb das goetz-manifest im rawums lese, denke ich mir auch, da ist seit '83 auch nicht viel weitergegangen, die peinsackparadie gibt's ja immer noch, pop ist noch lange nicht so selbstverständlich wie es sein sollte.)

jedenfalls ist das irgendwie auch der eigentliche grundgedanke unserer veranstaltung (neben eitler selbstinszenierung natürlich), eben zu zeigen, dass das wirklich jeder kann. nicht nur frustriert sein, weil man schiller und mann in der schule lesen muss, sondern sich das rauszupicken, was man eben mag, oder halt selber irgendwas zusammenzuschludern, und 2, 3 leute im publikum lachen dann schon. und dass das (zumindest im eigenen, selbstgerechten pop-verständnis) genau so viel wert ist.

irgendwie wäre mir spontan zwar noch viel mehr eingefallen, aber der post ist eh schon so lang, und momentan bin ich auch vor allem froh, das wiekrank-dings mal vorbei zu haben & nicht mehr allzu viel drüber nachdenken zu müssen. wie wir da weitermachen, wissen wir ja wirklich selbst noch nicht.

(ps zur zum selbstgemachten: so sehr ich auch so dinge wie zb im blog viel lieber mag, zeigt doch die erfahrung: so was vorlesen ist unmöglich. nicht zuletzt wenn alle anfangsbuchstaben im publikum sitzen. momentan arbeite ich auch an so einem mittelding, würde mich geehrt fühlen, wenn sie, sobald da was halbwegs fertig wird, kostproben davon lesen würden, würde mich doch sehr interessieren, was sie da dazu sagen, müllkübel oder weitermachen.) 
jurijmlotman antwortete am 26. Dez, 20:49:
geteilte antwort ...
... weil die einen punkte eigens behandelt gehören: was mit dem neo-pop passiert ist, seit er selbst historisch wurde, zunahme von wissen und schönheit, und vor allem, was mich auch sehr interessiert, wann und warum genau blog-prosa (oder auch: "diaristik") besser ist als die "kunstform" (d.h. das narrative oder das wortspielerische kabinettstückchen), und auch, was damit passiert, wenn sie als "literatur" herauspräpariert wird: wie im "blog"-buch, das erwartungsgemäß ja interessant misslungen ist, oder extrem damals bei ampool/thebuch ... usw. a.a.U.

der andere teil: dank für den kommentar, und auch da gibt es wieder viel weiterzureden. hier wäre mündlich besser. ich fand die veranstaltung schon sehr geluingen und jedenfalls mehr als bloß dilettantisch. (ich kann mich an popliteratur-lesungen in münchen in den 80ern erinnern, mit u.a. krausser und winkels und vielen anderen, von lorenz "lorenz" schröter organisiert, die wirklich weniger anregend waren, genaugenommen sogar stinkfad.) und auf die suche nach neuen literarischen formen zwischen der schriftgestellten literatur und dem hingeschlenzten pop-flow bin ich sehr gespannt. 
        

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