... am eigenen 21 jahre alten textkörper überprüft, den ich (ehrlich) gerade zufällig wieder gefunden habe: gut am ehesten immer da, wo lebensgefühl sich im reinen sprachflow ausdrückt. ganz unmöglich aber der versuch, das ganze in ein wenn auch programmatisch loses narratives gerüst einzuspannen: "sagte ich" - "sagte sie", oder reflexionen a la "ich hatte immer schon das gefühl gehabt" sind von vornherein oberpeinlich. das vage gefühl hatte ich unterschwellig schon damals, glaube ich mich zu erinnern. vermutlich ist das ja ein unterscheidungskriterium zwischen guter und falscher popliteratur. pop erzählt nicht. pop kennt nur die suada oder die diaristik.
jurijmlotman - am Donnerstag, 19. Mai 2005, 19:51 - Rubrik: neue deutsche literatur
quirinus meinte am 16. Aug, 04:01:
So? Dann sind The Who nie Pop gewesen. Sie waren aber DIE Pop-Band überhaupt; damals, 1965/66, mit ihren Dreiminutengeschichten. Vorher Chuck Berry mit seinen Teenagerstories. DAS war und ist noch immer der wahre Pop. Alles andere ist Diederich Diederichsen; also typisch deutsch, weil tödlich ernst: das Gegenteil von Bo Diddley.
jurijmlotman meinte am 20. Aug, 11:49:
ist also chuck berry popliteratur?
das trifft mich jetzt schon: dd statt diddley. obwohl natürlich verdientermaßen. aber dass chuck berry und the who ein argument für popliterarische "sagte ich"-narrationen sein sollen: das muss ich klar zurückweisen. "memphis" zum beispiel. popsongs sind IMMER suada, auch da wo sie konventioneller "literatur" nahe zu kommen scheinen: "lily, rosemarie and the jack of hearts" oder sowas. interessanter ist die spätere popmusikalische definition rückwirkend auf popliteratur anzuwenden: "pop ist in erster linie user-generated content. man erkennt pop am beiläufigen sound: es klingt so, als ob er von einem/r idealtypischen "eine/r wie du und ich" stammt. (interessantes paradox: du und ich schreiben nämlich fast immer widerwärtig "literarisch", wenn wir es versuchen.)