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jurij m. lotman (R.I.P.)
die grenzen des textes sind die grenzen der welt

 

aging of pop

… soll ja Adam Green sein, der ausgerechnet in meiner Mainstream-Tageszeitung (SZ) an diesem Wochenende unter Aufbietung ausgefeiltester Meta-Cool-Hipster-Argumentationen gleich zweifach unter Hype-Anklage gestellt wird. (Ein weiteres Zeichen für die bevorstehende Kultur-Apokalypse.) Sinngemäß heißt es da, Greens altkluger Literatur-Pop ziele von vornherein auf mittelalte, lauwarme und mäßig inspirierte Kulturbetriebsnudeln. Leute wie mich also.

Scheint ja insofern zu funktionieren, als mir der Mann nicht unsympathisch ist, nach einschlägiger Blog-Preisung, einem FAZ-online-Interview mit Maxim Biller (via hier, aber ich finde es nicht mehr), einer kurzen Radiorezension und einem Viva-Clip mit Band, da vor allem wegen des Aussehens. (Die vage als angenehm empfundene Musik hat sich nicht recht eingeprägt bis jetzt.)

Und der Einwand der SZ-Literatur(!)-Kritikerin gegen allzu unbekümmertes Collagieren gab mir schon zu denken. Nur wegen der Musik allerdings, nicht wegen den Texten: Die sind vielleicht wirklich ein wenig effekthascherisch newyorkmäßig, aber das macht gar nichts, denn zwischen den Zeilen schwingt das mit „Literatur“ nichts zu tun habende anziehend arrogante Early-Twen-Mir-doch-Wurscht-Posertum mit, das er auch optisch sehr schön verkörpert. Guter Pop halt.

Und nur, weil ich eben gerade Dylans „Chronicles“ gelesen habe, mit mich selbst verblüffendem, längst erkaltet geglaubtem Fan-Enthusiasmus: Der „neue Dylan“ ist Green deshalb ganz sicher nicht. So wie bislang auch sonst niemand auch nur irgendwie vergleichbar war.

... … hat ein erstaunlich gutes Buch geschrieben. Einschließlich gerade auch des späten Kapitels aus den 80ern. Es handelt nur von Musik. Es zeigt, wie es Dylan, bei aller virtuos-egozentrischen Selbstinszenierung, niemals bloß um das lässige Spiel mit Formen und Worten ging. Immer nur um den Kern, d.h. um „den Song“: Stimme, Text, Musik, das einfachste und unbegreiflichste Wunderwerk, aus brüchigen Fragmenten und Versatzstücken immer neu alchemistisch zur Erscheinung gebracht nach dem Muster des wildwüchsigen „Folk“ der frühen Schallplattenzeit, beschworen mit der Intensität des frühen Rock’n’Roll aus den Sun Studios, und immer nur für Augenblicke. So wie z.B. in diesen beiden aufnahmen erahnbar, um ein fast beliebiges Beispiel zu nehmen.

Die allermeisten Platten sind deshalb immer nur Spuren von leicht schlampigen Versuchsanordnungen, ein paar Musiker zusammentrommeln und schauen, ob etwas passiert. Oft genug passiert es dann. Dann ist der Song wieder verweht und kann nie wieder so klingen wie dieses eine Mal, aber weiterwirken und andere Songs erzeugen.

Dylan selbst zitiert da irgendwann das großartige Buch von Greil Marcus über die Wurzeln seines Werks im anarchischen Außenseiter-„Folk“ („Invisible republic“), das ihm vermutlich selbst erst so richtig erklärt hat, was er da eigentlich immer gemacht und zustande gebracht hat.

greilticket
(Plan: In dieses Blog gelegentlich ein paar der atemlos-enthusiastischen und dabei doch hyperrealistisch-präzise ein Musikstück beschreibenden Marcus-Texte abtippen. Unvergessliche Beschreibungen auch von Anarchy in the UK und Jonathan Richmans Roadrunner … )

... die hogwarts-burg aus lego bauen, mit allen geheimverstecken.

extrem schwieriges projekt "reihenhausfamilienweihnacht", beglückend geglückt diesmal. mit wirklich allem was dazugehört.

das nicht blog-taugliche normalleben müsste als das komplexe und permanent scheiternde unternehmen beschrieben werden, das es in wahrheit ist. das gegenteil von routine.

… Wie krank ist das denn (hier die veranstaltung, hier Google):

vgl auch
http://www.hallerjugend.at/ nach dem Stand vom 31. Dez. 1969 23:59:59 GMT

Das in dieser Pop-Lesung so eindeutige und so merkwürdige Phänomen, dass auch in der an sich (d.h. dem Selbstverständnis nach) geschichtslosen Popkultur eine erstaunliche Zunahme von Wissen erfolgen kann. Was hier also etwa 21/22jährige aus der Diaspora dazu befähigt, sehr frisch und erstaunlich souverän über 3 Jahrzehnte voll Material zu verfügen. So souverän, wie ich das günstigstenfalls vielleicht gerade mal jetzt könnte, aufgrund der gesammelten Weisheit meiner 43 Lebensjahre, wenn ich nicht eben deshalb so unfrisch wäre.

Hängt wohl irgendwie auch mit dem Stuckrad-Phänomen zusammen, der ja auch extrem jung seine spezifische Frühreife erreicht hatte, obwohl der Vergleich in dem Zusammenhang sicher nicht ganz fair ist. Stuckrad als das Pop-Gegenstück zum genialischen Primaner Hugo von Hofmannsthal, der ja auch irgendwie steckenblieb und trotzdem/deshalb interessante Alterswerke produzierte.

Es gibt also wohl doch so etwas wie eine kollektive Intelligenz, die in bestimmten historischen Konstellationen entbunden wird. Aber wo ist die bloß lokalisiert? Das ist ja nicht dasselbe wie die bekannte Tatsache, dass Pop-Genialität immer neu frisch geboren werden und sich in unschuldigen 18-Jährigen manifestieren kann. Da geht es um Inspiration. Hier geht es um Wissen.

(Die selbst gemachte Literatur war ja nicht genialisch, sondern dem Alter durchaus angemessen, im Gegensatz zum z.B. hier literarisch wie immer interessanteren Blog. Aber die gesamte Haltung und Perspektive irgendwie schon.)

Merkwürdig auch: Dass die jungen Menschen meiner Erinnerung nach vor 25 Jahren in Freilassing im „Schmugglergenauso hätten aussehen und haargeschnitten und gekleidet sein können. Und das die dann so was Popintellektuelles hervorbringen, anhören, goutieren.

... hat einen angenehm rohen krachriff. gefällt mir, aber irgendetwas fehlt. merkwürdig: es klingt am ende trotzdem wie kunstvoll gepfriemelte wohnzimmer-musik, nicht wie musik-in-dunklen-aufregenden-kellerclubs, was liaisons dangereuses schon tun. oder projiziere ich das hinein?

... ” Desperate to be John Lydon, though he sounds like an Estuary-twanged Dr Frank-N-Furter from the Rocky Horror Picture Show, Tomlinson seeks to embody all that is nasty and nihilistic about contemporary Britain” …

“Rail-thin, his eyes ringed with makeup and dotted with sequins, singer Martin Tomlinson radiates a genuinely unpredictable hostility. …Their sound colonises an unsettling area midway between the hammering drum machine and guitar of controversial 80s trio Big Black and the murky noise of early Throbbing Gristle.

The divertingly titled anti-war songs, Britain Is Shit and Fuck the Poor may lack a certain lyrical finesse, or indeed any lyrical finesse whatsoever, but at a time when most protest in rock music comes with an air of meek appeasement, their uncompromising rage sounds strangely refreshing.”

aus guardian-reviews.

... "Perhaps Cassie really has drifted away from us. Distance? Personality? Pinkie promise? Bullshit. Chris and I hardly ever see each other, and we rarely talk. We're both very different people with very different lifepaths. And really, pinkie promises are for kids. You can disappear for years on end, but if you come back with an open mind and open heart, we will always be there for you. Just don't ask us how you look in studio photos.

Music of the Moment: Nouvelle Vague's Live Will Tear Us Apart. Currently feeling contemplative."

der einzige link, den ich zu diesem joy division-cover gefunden habe, in shuhsien's journal, von dem man zu einem anderen kommt, das zu manchester united und ruud van nistelrooy verlinkt. weil die gleichaltrigen franzosen von nouvelle vague gerade im radio live spielen, bei den bavarian open, auf die wiederum das blog von DIE ZEIT verlinkt. gerade eine ramsch-cd mit hits of the 70s gekauft. milde altersdepression.

... wie detroit, liverpool, rüsselsheim: projekt, site.
via ronsens, mit rüsselsheim-roots.

... "i can't find any scritti politti lyrics - I'm especially eager to find the words of the dyslexic bossanova song "jacques derrida." this results in misunderstandings and deconstruction. is he singing "cashanova"... no no, it can't be. i love how lush it sounds though behind the facade there's a definite leftist meaning. maybe because i'm unable to find the words, i am left to my own devices. the truth is partially in the words but also in the (mis)interpretation. i'm amused by the fact that i was so unaware of the intellectual side of SP when i was a child. i just loved the sweet sounds, i never noticed the words. what i love(d) the most was the muffled voice of green. it nearly disappears in between the notes, trying to hide the exact words."

from this blog (12/2003)

sensation: hier das audio-file. ein interview von 1982.
dazu passt das. ausschnitt aus einer strange world. noch mehr.

... musik-lastig. das kann ich noch mal genau lesen, um zu versuchen zu verstehen, was an der musik toll sein könnte, die ich nicht mag, zündfunk-geschmacks-techno-plus-missy-elliott und all das.

ich: ja eigentlich das geschmackliche äquivalent zu den gealterten stenzen in meiner jugend, die sich die schütteren haare zurückgelten und echte bill haley-singles daheim hatten, die sie dann in den 70ern als sehr brave zollbeamte-und-spd-mitglieder in den reihenhaus-faschingspartykeller meiner eltern mitnahmen und abspielten, sehr zu meiner freude, übrigens.

meine merkwürdige, mir selber suspekte obsession mit "zeitlosigkeit". lieber zum hundertsten mal das selbe geniale stück hören, und es eh nie wirklich begreifen. (dasselbe übrigens bei literatur: immer schon überdruss am neuen im voraus, und das von früher jugend an.)

        

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