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jurij m. lotman (R.I.P.)
die grenzen des textes sind die grenzen der welt

 

die spd neu erfinden

... die LINKE ist FORTSCHRITTSFIXIERT, weil sie Dynamik erzeugen will und muss. Sie will immer MEHR und das ANDERE. Sie will den Menschen nicht „zu sich selbst zurück“ bringen, sondern nach vorn, zu seinen noch nie realisierten Möglichkeiten. Sie sucht immer nach den „Transmissionsriemen“. (Alte leninistische Metapher, die allerdings zu kurz greift, weil sie einem vergangenen technischen Paradigma angehört). Der TECHNISCHE FORTSCHRITT (im weiten Sinn) muss von der Linken immer begriffen und oft positiv besetzt werden: nämlich da, wo er systemisch-humanitäre MÖGLICHKEITEN erschließt. Und das tut er schon allein deshalb, weil er für bewusstlose permanente Revolution sorgt. Die Linke versucht typischer Weise das Bewusstsein herzustellen, das die bewusstlose TECHNISCHE REVOLUTION zu einer potenziell menschlichen Revolution macht. Sie leiht sich Dynamik. Weil die Linke immer eine MEDIENTECHNISCHE BEWEGUNG war und sein muss, spielt MEDIENTECHNISCHER FORTSCHRITT eine besondere Rolle. Das gilt naturgemäß in besonders extremem Maß in der gegenwärtigen postindustriellen Ära.

... permanente KULTURREVOLUTION: Die Linke will permanente Veränderung. Der Status Quo ist niemals links, weil er immer ein Verrat an den Möglichkeiten des Menschen ist. Links sein heißt in der Krise sein. (Brecht: ‚Immer alles durch Kritik in die Krise bringen.’) Die linke Rhetorik ist kämpferisch.Die linke Revolution ist eine KULTURREVOLUTION, weil die linke Utopie auf dem semantischen Mehrwert aufbaut, den die sprachliche Selbstreflexion erst erzeugt. Kampfmittel der Linken sind deshalb Sprache und Zeichen, mit denen Grenzen („Fronten“) definiert und andere Positionen geschleift werden. Linke Politik ist (und war von Anfang an!) deshalb notwendig MEDIENPOLITIK. Seit die bourgeois-kapitalistische Politik ebenfalls bedingungslos Medienpolitik ist, ist die Linke gezwungen, die Medien besser zu begreifen und zu nutzen als ihre gesellschaftlichen Gegner. Das ist gut so, denn die Medien sind keine Mittel der Propaganda, wie die Alte Linke glaubte, sondern wesentliche Mittel um die Möglichkeiten des Menschen zu erweitern.

… die Linke ist IDEOLOGISCH und SELBSTKRITISCH: Sie weiß, dass es keinen ideologiefreien Raum gibt. Es gibt nur materiell und intellektuell beschränkte Ideologien (im engen Sinn) und die linke humanistische Meta-Ideologie (als ideales Konstrukt). Aber weil die linke Ideologie, wenn sie konkret behauptet wird, immer historisch und sozial definiert ist, ist sie zwangsläufig immer AUCH (aber eben NIEMALS NUR) beschränkte Ideologie. Zugleich ist genau diese ungemütliche Dialektik von Beschränktheit und Unbedingtheit die Voraussetzung für die Beschleunigung der permanenten Kulturrevolution.

… die linke Politik ist AKTIVISTISCH, d.h. nicht fatalistisch und nicht technokratisch. Sie will MACHT. Sie appelliert nicht an „den Menschen“, und sie will auch nicht aus einer wohltätig-überlegenen Position heraus „den Menschen helfen“. Sie appelliert an den Einzelnen nicht als menschen, denn Mensch ist er ja noch nicht im vollgültigen Sinn. Sie appelliert an den Einzelnen als Citoyen, sich selbst als nicht-individuell und als produktiv zu begreifen: „Sei systemisch!“ Das heißt nicht „Funktioniere!“, sondern: „Erfasse und erfinde jeden Tag das System neu!“ D.h. auch: „Greife ein!“ ((Alle Räder stehen still: Heißt, zu verstehen, wie die Maschine funktioniert. Eingreifen als Experiment. …)) Nur der Mensch, der sich in ein System stellt, das begreift und eingreift, realisiert seine Möglichkeiten. Die linke Politik betrachtet staatliche und soziale Macht als etwas Wertvolles und Konstruktives. Diese Macht als Mittel der Veränderung ist nicht zu verwechseln mit dem „Staat“ als idealiter „neutralem“ Apparat der Selbststabilisierung des Systems, der das sozio-politische Spielfeld bezeichnet und sichert (Gewaltmonopol des Staates, Rechtssystem, Spielregeln aller Art). Die demokratische Linke lehnt diese technische Funktion des „Staates“ nicht grundsätzlich ab. Sie ist nicht apriori gegen Grenzziehungen. Sie ist sich aber der permanenten Notwendigkeit bewusst, diesen Apparat zu überholen und zu revolutionieren.
(Die Linke erkennt selbstverständlich die Notwendigkeit, „den Schwachen zu helfen“. Aber das ist nicht ihr oberstes Prinzip. Sie will die Schwachen aktivieren. Die aktive Sorge um „die Schwachen“ ist zugleich auch deshalb die offensive Erweiterung der menschlichen Möglichkeiten, weil sie ungemütlich ist: weil sie die Individuen in den politischen Raum hinein nimmt, die sonst allzu leicht, auch und gerade von „Humanisten“, als „hoffnungslose Fälle“ ausgegrenzt werden.)

... für die Linke sind AGENTEN des sozialen/historischen/politischen Prozesses nicht Individuen („bourgeoise“ Ideologie), sondern offene, dynamische, spannungsreiche Systeme, d.h. genauer: systemische Felder. Die Linke ist individualistisch, weil Individuen nötig sind um offene, dynamische, spannungsreiche Systeme zu erzeugen. Sie ist da anti-individualistisch, wo Individualismus zur Ideologie wird (Bourgeoisie-als-Zusammenschluss-vernünftiger-Subjekte, Kapitalismus-als- Wettbewerb, Konsum-als- Selbstverwirklichung). Individuen sind hier Systeme verwoben in andere Systeme (die Sprache, das System von Konsum/Prestige, die Wirtschaft, die Medien, die (Sub-)Kulturen, u.v.a. kleinere Systeme). Das „soziale System“ wird nicht mehr als Organisation gedacht (Militär, Gewerkschaft, Partei), sondern als Netzwerk. Als mediale Organisation von Zeichen-Ereignissen (nicht: von Individuen). Die Linke ist dann ins Inhumane umgeschlagen, wenn der Begriff des Systems falsch war (reduktionistisch, geschlossen).

... Das LINKE INTERESSE: Politik ist das Spiel von Interessen. Das linke Interesse ist nicht-partikular: es ist die Würde des Menschen, die offensiv seine Möglichkeiten einschließt. Damit liegt das linke Interesse auf einer anderen Ebene als alle anderen politischen Interessen (Lobbyismus). Es zielt nicht auf „Ausgleich“ als Wert an sich. Das linke Interesse ist auch nicht gleichbedeutend mit dem (empirischen) „öffentlichen Interesse“ (Ordnung, Wohlstand, „Selbstverwirklichung"). Würde zu behaupten ist ein anstrengender Prozess, der den Menschen zugemutet wird. Die Linke interessiert sich für den MENSCHEN und seine Rechte, nicht in erster Linie für „die Natur“ (was immer das genau ist). Alle „Rechte für die Natur“ sind hier bewusst abgeleitet aus den Rechten für den Menschen. Weil aber der Mensch immer systemisch ist, appelliert die Linke nie an „den Menschen“. Der sentimentale Appell an „den Menschen“ (wie ihn die Medienpolitiker in ihren Seminaren beigebracht bekommen) ist Ideologie, wenn er nämlich nicht die radikale Anerkennung und Vertretung der Möglichkeiten des Menschen bedeutet. Die Linke ist immer und für alle (sich selbst eingeschlossen) UNGEMÜTLICH. (d.h. dialektisch?)

... ist mühsam. viel lieber schreibt man ja noch eine kindisch selbstbezogene pop-geschichtseintragung ("mein 1969"). trotzdem für mich versucht, wie immer von null beginnend, nach lektüre von giddens ("der dritte weg"). ein erstaunlich unscharf dahingefaseltes buch, wie offenbar der politische diskurs selbst. aber natürlich will man weder "alte sozialdemokratie" sein (deutsche "Linkspartei"), noch gar "neoliberalismus" (der gegenwärtig einzig revolutionäre diskurs).

DIE LINKE (meine Linke) neu erfinden, bedeutet genau genommen DAS LINKE neu erfinden. Das Subjekt DIE LINKE gibt es gegenwärtig gar nicht, obwohl man ständig Leute trifft, die zum Proto-Subjekt DIE LINKE gehören. Das Subjekt/Projekt DIE LINKE muss sich erst organisieren. Und das wird lang dauern. Minestens so lang wie die dazu gehörigen blog-einträge ...

... hier praschl zum thema:

"[12] Noch kränker als das NRW-Ergebnis und die vorgezogenen Neuwahlen macht mich schon jetzt, dass ich genau weiss, wie Praschl (also ich) auf diesem Weblog den Wahlkampf zu den vorgezogenen Neuwahlen begleiten wird. Kleineres Übel, yeah right, Zerknirschung über eigenen Politikekel, yeah right, jede Kapitalismuskritikwiederaufnahme klugscheisserisch verhöhnen, yeah right, blablabla, und genau jetzt hab ich mir auch noch den allerletzten noch verbliebenen Meta-Trick verhagelt. Na toll.
[13] Move on up. You gotta move on up. Move on up. You gotta move on up."

... "Nötig ist eine Debatte über das, was wir hier als Verteilerwahnsinn bezeichnen. Bei uns verdient ein Michael Ballack auch anders als ein Owen Hargreaves. Ich bin ein großer Freund des Verdienstes. Man stützt die Kleinen nicht, indem man die Starken schwächt. Der Fußball gehört reformiert, wie unsere ganze Gesellschaft reformiert gehört. Wir sind hier ein Land der Gleichmacherei geworden. Das muss aufhören. Der Fußball muß da möglicherweise auch gesellschaftspolitisch eine Vorreiterrolle spielen. Was er wunderbar kann. Wo finden überhaupt noch Leistung und Wettbewerb statt? Und zwar auf einer öffentlichen Bühne? Jeden Samstag kann man in diesem Land verfolgen, wer welche Leistung gebracht hat, als Mannschaft, als Spieler. ... Ich bin kein Freund des Drohens, ich bin ein Freund des Kompromisses. Aber wenn wir es ganz korrekt angehen würden, müsste man sagen: vermarktet euch bitte selber! ... Und hinterher könnte man ja trotzdem über Solidaritätszulagen diskutieren. ... Wir bekennen uns aber grundsätzlich zur zentralen Vermarktung. Sie soll ja festlegen, daß jeder einen stabilen Sockel hat. Ich bin immer ein Freund des Kleinen - wenn der Kleine maßvoll bleibt." (Karl-Heinz "Sexy Knees" Rummenigge, geschäftsführender Präsident des FC Bayern München, in einem SZ-Interview)

... begonnen material zu sammeln zur these, dass neoliberalismus tatsächlich pop-politik ist. dass blairs rock'n'roll-frontman vergangenheit, schröders scorpion-geschmack und all das mehr ist als die lustige popkultur-randbemerkung, sondern analysierenswert. dass die politische dimension von pop insgesamt eher vernichtend ist.
blair
click aufs bild für mehr info ("he even wanted to rehearse ...")
vgl. worst political popsongs.

        

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