neue deutsche literatur


... sehr gutes material von einer humboldt-universität-seite.
40-seiten-pdf. auch sonst wertvolles material, u.a. zu pop-literatur, tod der literatur, literatur-als-therapie u.v.a.
jurijmlotman - am Donnerstag, 18. November 2004, 15:09 - Rubrik: neue deutsche literatur
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Ich verfluche jedes Wort, jede Fixierung durch Wörter, jede sensorische Blödheit der Wortkultur. [...] Hau ab, Trottel-Professor! Verreck schnell, Assistent! Stopf dir deine Semiologie in den Arsch, Rentner des Staates!
Aus: Erkundungen für die Präzisierung des Gefühls für einen Aufstand. Träume Aufstände/Gewalt/Morde. Reise Zeit Magazin. Die Story ist schnell erzählt. (Tagebuch) [1971, publ. 1987] S. 405
was für den literaturwissenschaftler natürlich nichts ändert. widersprüche muss man aushalten, auf beiden seiten. und allen RDB-fans (comment im vorigen posting) hinter die ohren geschrieben: es gibt eine literaturhistorische linie von allert-wiebranietz (wie immer sie sich geschrieben hat), besser: von karin struck, zu brinkmann und handke. vgl. hierzu das lange kapitel über Neue Subjektivität in meinem unveröffentlichen hauptwerk "ICH schreiben im falschen Leben. Deutschsprachige Tagebuch-Literatur im Neomodernismus (1950 - 1980)". obiges brinkmann-zitat hier zitiert auf s. 371, im kapitel: "Die explosive Suada des Cyborg. Rolf Dieter Brinkmanns diaristische Selbstversuche".
Aus: Erkundungen für die Präzisierung des Gefühls für einen Aufstand. Träume Aufstände/Gewalt/Morde. Reise Zeit Magazin. Die Story ist schnell erzählt. (Tagebuch) [1971, publ. 1987] S. 405
was für den literaturwissenschaftler natürlich nichts ändert. widersprüche muss man aushalten, auf beiden seiten. und allen RDB-fans (comment im vorigen posting) hinter die ohren geschrieben: es gibt eine literaturhistorische linie von allert-wiebranietz (wie immer sie sich geschrieben hat), besser: von karin struck, zu brinkmann und handke. vgl. hierzu das lange kapitel über Neue Subjektivität in meinem unveröffentlichen hauptwerk "ICH schreiben im falschen Leben. Deutschsprachige Tagebuch-Literatur im Neomodernismus (1950 - 1980)". obiges brinkmann-zitat hier zitiert auf s. 371, im kapitel: "Die explosive Suada des Cyborg. Rolf Dieter Brinkmanns diaristische Selbstversuche".
jurijmlotman - am Dienstag, 9. November 2004, 12:47 - Rubrik: neue deutsche literatur
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... weil ich das ja gerade mal wieder als literaturwissenschaftler denke:
es wäre natürlich unbedingt nötig, ein paar exemplarische blogs (sofa, erratika und noch ein paar eben) zu sichern und zu archivieren. ein jahr würde ja mal genügen.
das erste praschl-blog ist soviel ich weiß ohnehin schon verschwunden. "ampool" neuerdings auch. "abfall für alle" in der original-web-version gabs eine zeit lang als ascii-file bei textz (.de? suche ich noch mal) ... und welche institution wäre da zuständig? die rolf-dieter-brinkmann-akademie? das marbacher literaturarchiv?)
es wäre natürlich unbedingt nötig, ein paar exemplarische blogs (sofa, erratika und noch ein paar eben) zu sichern und zu archivieren. ein jahr würde ja mal genügen.
das erste praschl-blog ist soviel ich weiß ohnehin schon verschwunden. "ampool" neuerdings auch. "abfall für alle" in der original-web-version gabs eine zeit lang als ascii-file bei textz (.de? suche ich noch mal) ... und welche institution wäre da zuständig? die rolf-dieter-brinkmann-akademie? das marbacher literaturarchiv?)
jurijmlotman - am Sonntag, 7. November 2004, 13:42 - Rubrik: neue deutsche literatur
... "Grundwörter, Grundformen: mein 'wahres Selbst' wäre jener Grundform synonym, in der ich mich zu 'erkennen' gebe, nur ist diese Grundform keine Grund-Form, Ursprungs-Form, sondern selbst bloß Synthese aus zahllosen Verstrüppungen von Wörtern und Attitüden meiner Zeit: es ist die schlichte, auf einen Nenner gebrachte Form.
(Den Dingen ihre 'Naivität' oder 'Schlichtheit' zurückzugeben meint nicht wirkliche Naivität, Schlichtheit, im Sinne von: Unbeflecktheit, Grundform usw. Es heißt, ihnen ihre Inferiorität wiederzugeben, ihre Übermacht zu nehmen. 'Opfer' - ihrer Zeitlichkeit, ihrer Gegenständlichkeit - sind sie geradeso wie der, der sie benutzt, denn auch sie werden gehandelt, um nicht zu sagen, verramscht.)
Und da ihre Schlichtheit Artefakt ist, muss sie neu definiert werden: nicht hölderlinsche Erhabenheit ist schlicht, sondern das von Phrasen durchzogene Gestottere einer nervösen Fernsehansagerin, die zum ersten Mal moderiert; schlicht sind Wörter wie „Einkommenssteuersatz“, „Zahnersatzforderung“, „Beschwerdestelle“ – oder, tatsächlich, Grundwörter wie „Plattenspieler“, „Rechner“, „Kassette“, die man nicht als Erbe uralter, evolutionärer Verschiebungen, sondern als Nacktheiten begreift: als das Fragile, Sperrige, Karge, das gerade noch als Bindewort den Satz füllt, um die Rede nicht unbeholfen aussetzen zu lassen."
Aus einem Handke-Essay der Goncourts; Goncourt’s Tagebuch, Goncourt’s Blog
vgl. dagegen ANHs beschwerde mit comments anbei und folgediskussion zu schlichter pop-sprache und wollüstig postmoderner sprache:
N.N. möchte meine Bücher nicht lesen, weil: "zu poetische sprache... nicht meins." Weshalb liest man Romane, wenn nicht eben w e g e n der Sprache? Was ist ein literarisches Kunstwerk, wenn ihm die Poesie fehlt?
[Ich wittere hier etwas Wichtiges. Es könnte den Pop erklären. Könnte Konsalik und Pilcher erklären. ...]"
(Den Dingen ihre 'Naivität' oder 'Schlichtheit' zurückzugeben meint nicht wirkliche Naivität, Schlichtheit, im Sinne von: Unbeflecktheit, Grundform usw. Es heißt, ihnen ihre Inferiorität wiederzugeben, ihre Übermacht zu nehmen. 'Opfer' - ihrer Zeitlichkeit, ihrer Gegenständlichkeit - sind sie geradeso wie der, der sie benutzt, denn auch sie werden gehandelt, um nicht zu sagen, verramscht.)
Und da ihre Schlichtheit Artefakt ist, muss sie neu definiert werden: nicht hölderlinsche Erhabenheit ist schlicht, sondern das von Phrasen durchzogene Gestottere einer nervösen Fernsehansagerin, die zum ersten Mal moderiert; schlicht sind Wörter wie „Einkommenssteuersatz“, „Zahnersatzforderung“, „Beschwerdestelle“ – oder, tatsächlich, Grundwörter wie „Plattenspieler“, „Rechner“, „Kassette“, die man nicht als Erbe uralter, evolutionärer Verschiebungen, sondern als Nacktheiten begreift: als das Fragile, Sperrige, Karge, das gerade noch als Bindewort den Satz füllt, um die Rede nicht unbeholfen aussetzen zu lassen."
Aus einem Handke-Essay der Goncourts; Goncourt’s Tagebuch, Goncourt’s Blog
vgl. dagegen ANHs beschwerde mit comments anbei und folgediskussion zu schlichter pop-sprache und wollüstig postmoderner sprache:
N.N. möchte meine Bücher nicht lesen, weil: "zu poetische sprache... nicht meins." Weshalb liest man Romane, wenn nicht eben w e g e n der Sprache? Was ist ein literarisches Kunstwerk, wenn ihm die Poesie fehlt?
[Ich wittere hier etwas Wichtiges. Es könnte den Pop erklären. Könnte Konsalik und Pilcher erklären. ...]"
jurijmlotman - am Donnerstag, 4. November 2004, 15:26 - Rubrik: neue deutsche literatur
... ein sehr gewucherter reflex (rekordlänge!) auf einen klugen comment, sehr provisorisch, auch damit das im fluss bleibt:
zugegeben, auf den ersten blick sieht alles nach pop aus: diese subjektivität, dieses mediale dauernd, dieses fragmentarische. manchmal auch: die pose, der gestus.
„das subjektive“ nicht als tiefenphänomen, sondern als cluster von fragmentarischen zeicheneffekten. POP = das soziokulturelle labor für experimente mit zeichen in der mediengesellschaft seit den 50er jahren. insbesondere für verschmelzungen mit „körper“, was aber genau nicht zu „authentizität“ führt, wie einfache pop-akteure (popliteraten, blogger) gerne meinen, sondern gerade umgekehrt zu aufgeladenen zeichen, die für momente mit „leben“ zusammenfallen.
was ich mich aber doch frage: was unterscheidet das blog vom (klassischen) tagebuch? was hat der dahlmann, was der lichtenberg nicht hat? eigentlich nur das, was das medium ihm erlaubt: bilder und links und eine schnell reagierende öffentlichkeit, die die kommentare vollschreibt. machen die gegebenheiten des mediums schon das poppige aus? (auf jeden fall machen sie das bloggige aus.)
gut gesagt. ja: die gegebenheiten des mediums, genauer gesagt: ihr gekonnter gebrauch und ihre permanente reflexion machen das poppige aus. „pop“ hier wie in „e-pop“, wobei ja „e“ nicht von „ernst“ sondern von „erkenntnis“ kommt. (ganz schwierig: das verhältnis von e-pop und u-pop …)
das eben ist der unterschied von guter pop-literatur (goetz, der eben mit vollem einsatz vorführt, dass es um „schreiben als projekt“ geht und nicht um den perfekten text) und schlechter bis mittelmäßiger pop-literatur (immer dann, wenn sie von befindlichkeit ausgeht statt von konstruktion, was impliziert, dass sie „pop“ nicht begriffen hat). Stuckrad scheint mir übrigens auf dem weg vom eher uninteressanten „popliteraten“ (stadtzeitungs-pubertätsironie-virtuose) zur hochinteressanten warholistischen imitatio-of- goetz, plus anke engelke und allem.
so wie die popliteratur ein bestandteil der popkultur ist, sind auch blogs ein bestandteil davon: klar, die nachbarschaft färbt ab, die zeitgenossenschaft ebenfalls. wer heute ein (öffentliches) tagebuch führt und den medienbezug wegläßt, kann nicht ehrlich sein, kann nur unvollständig sein. weil einfach jeder sich übers fernsehprogramm aufregt, ohne dabei pop zu sein.
unterschieden werden muss wohl medienkultur (und medienreflexion) allgemein und pop-medienkultur im besonderen (schnell, schmutzig, euphorisch, geschmacklos, stilbewusst …). zeitgenossenschaft ohne selbst „pop“ zu sein (was immer das heißt) geht schon, aber ohne pop-bewusstsein wiederum wohl doch eher schwer. mein lieblingsliteraturbuch seit 13 jahren: don delillo, sieben sekunden, ist sicher nicht pop. aber er ist natürlich voll pop-sozialisiert und hat auch 1971 oder so einen sehr grüblerischen roman über einen jim-morrison-rockstar geschrieben.
das problem mit der pop-tüte ist, daß sie so groß ist, daß alles irgendwie reinpaßt. es kann aber doch nicht sein, daß man die so mit der twoday-anmeldung überreicht bekommt: da, nimm, alles was du fortan schreibst, ist jetzt pop, weil es blog ist. ich denke, da müßte man sich mal die mühe machen, die einzelnen publikationen zu prüfen. blog ist sehr heterogen und zuallererst mal ein redaktionssystem und nichts weiter.
irgendwie glaube ich ja genau das: dass man die pop-tüte mit der twoday-anmeldung überreicht bekommt. meine erfahrung zumindest … aus versehen angemeldet, aus versehen „aging of pop“ zum leitmotiv geworden …
alles passt aber ganz sicher nicht in die tüte, aber da muss ich wirklich noch darüber nachdenken: mein unveröffentlichtes hauptwerk über tagebuch-literatur muss wohl mit einem aufsatz über „diaristische schreibweisen in der neuen medien-kultur seit 1984“ (oder so) ergänzt werden.
jedenfalls aber: blog ist ganz sicher NICHT „ein redaktionssystem und nichts weiter“, in das dann verschiedene leute verschiedene dinge reintun. was „blog“ ist, da habe ich schon mit meinem damaligen mediatope-kollobaroteur gestritten. noch kein abschließendes ergebnis.
*anm.: dort auch gedanken zu "blog" und "pop", hier und passim.
dazu kommt die problematik, daß blog ein phänomen ist, das zuerst in den usa aufkam. nun, wie halten es die amerikaner mit der popliteratur? oder betrachten wir die deutschen blogs unabhängig von den transatlantischen einflüssen - was m.e. nicht ganz legitim ist?
guter punkt. die amerikaner benutzen „popliteratur“ gar nicht. Die franzosen benutzen es selten als fremdwort, wie „waldsterben“. wieder das problem, dass der literaturhistoriker oft hat: begriffe konstruieren und definieren, die aus der zeit selbst kommen, aber natürlich nur als künstliche instrumente erkenntnisfördernd sind (oder eben nicht). Ich glaube schon, dass der begriff hier nützt. wie gesagt: genau wie z.b. „neue sachlichkeit“, für das ganz ähnliches gilt, inklusive hype.
das sollte man erst mal historisch untersuchen: „pop“ ist ja vor allem in GB ein extrem wichtiges wort, eigentlich stammt fast alle wichtige pop-philosophie von dort (außer warhol natürlich), und trotzdem haben sie keine explizite „pop-literatur“ entwickelt. möglicherweise war das gesonderte etikett völlig überflüssig, weil ja die distinktion zum "alten feuilleton" hier ganz anders aussah.
dann ist „pop“ um 1980 (punk, „sounds“ und die folgen) neu entdeckt und definiert worden. und von da aus führt eine direkte linie durch das mainstream-feuilleton (münchner clique, früher sz, jetzt fasz und spiegel) und „tempo“ zu den tristesse-royale-leuten, was wiederum ein überraschend gutes experimentelles buch ist übrigens. Und das beste aus der hochzeit der „pop-literatur“ scheint mirt ansonsten tatsächlich „ampool“ zu sein (neuerdings offline??), wenn man die texte herunterlädt und als papiertext liest.
was wiederum zur überaus schwierigen frage führt, wie und wann aus text „literatur“ wird …
links zum antville-thread (via reisenotizen aus der realität, dem literaturinteressierten blog der kommentatorin):
> kurzer verriss zu "pop-literatur" (hella streicher)
> langer austausch zu literatur und pop-literatur im allgemeinen (don dahlmann u.a.)
zugegeben, auf den ersten blick sieht alles nach pop aus: diese subjektivität, dieses mediale dauernd, dieses fragmentarische. manchmal auch: die pose, der gestus.
„das subjektive“ nicht als tiefenphänomen, sondern als cluster von fragmentarischen zeicheneffekten. POP = das soziokulturelle labor für experimente mit zeichen in der mediengesellschaft seit den 50er jahren. insbesondere für verschmelzungen mit „körper“, was aber genau nicht zu „authentizität“ führt, wie einfache pop-akteure (popliteraten, blogger) gerne meinen, sondern gerade umgekehrt zu aufgeladenen zeichen, die für momente mit „leben“ zusammenfallen.
was ich mich aber doch frage: was unterscheidet das blog vom (klassischen) tagebuch? was hat der dahlmann, was der lichtenberg nicht hat? eigentlich nur das, was das medium ihm erlaubt: bilder und links und eine schnell reagierende öffentlichkeit, die die kommentare vollschreibt. machen die gegebenheiten des mediums schon das poppige aus? (auf jeden fall machen sie das bloggige aus.)
gut gesagt. ja: die gegebenheiten des mediums, genauer gesagt: ihr gekonnter gebrauch und ihre permanente reflexion machen das poppige aus. „pop“ hier wie in „e-pop“, wobei ja „e“ nicht von „ernst“ sondern von „erkenntnis“ kommt. (ganz schwierig: das verhältnis von e-pop und u-pop …)
das eben ist der unterschied von guter pop-literatur (goetz, der eben mit vollem einsatz vorführt, dass es um „schreiben als projekt“ geht und nicht um den perfekten text) und schlechter bis mittelmäßiger pop-literatur (immer dann, wenn sie von befindlichkeit ausgeht statt von konstruktion, was impliziert, dass sie „pop“ nicht begriffen hat). Stuckrad scheint mir übrigens auf dem weg vom eher uninteressanten „popliteraten“ (stadtzeitungs-pubertätsironie-virtuose) zur hochinteressanten warholistischen imitatio-of- goetz, plus anke engelke und allem.
so wie die popliteratur ein bestandteil der popkultur ist, sind auch blogs ein bestandteil davon: klar, die nachbarschaft färbt ab, die zeitgenossenschaft ebenfalls. wer heute ein (öffentliches) tagebuch führt und den medienbezug wegläßt, kann nicht ehrlich sein, kann nur unvollständig sein. weil einfach jeder sich übers fernsehprogramm aufregt, ohne dabei pop zu sein.
unterschieden werden muss wohl medienkultur (und medienreflexion) allgemein und pop-medienkultur im besonderen (schnell, schmutzig, euphorisch, geschmacklos, stilbewusst …). zeitgenossenschaft ohne selbst „pop“ zu sein (was immer das heißt) geht schon, aber ohne pop-bewusstsein wiederum wohl doch eher schwer. mein lieblingsliteraturbuch seit 13 jahren: don delillo, sieben sekunden, ist sicher nicht pop. aber er ist natürlich voll pop-sozialisiert und hat auch 1971 oder so einen sehr grüblerischen roman über einen jim-morrison-rockstar geschrieben.
das problem mit der pop-tüte ist, daß sie so groß ist, daß alles irgendwie reinpaßt. es kann aber doch nicht sein, daß man die so mit der twoday-anmeldung überreicht bekommt: da, nimm, alles was du fortan schreibst, ist jetzt pop, weil es blog ist. ich denke, da müßte man sich mal die mühe machen, die einzelnen publikationen zu prüfen. blog ist sehr heterogen und zuallererst mal ein redaktionssystem und nichts weiter.
irgendwie glaube ich ja genau das: dass man die pop-tüte mit der twoday-anmeldung überreicht bekommt. meine erfahrung zumindest … aus versehen angemeldet, aus versehen „aging of pop“ zum leitmotiv geworden …
alles passt aber ganz sicher nicht in die tüte, aber da muss ich wirklich noch darüber nachdenken: mein unveröffentlichtes hauptwerk über tagebuch-literatur muss wohl mit einem aufsatz über „diaristische schreibweisen in der neuen medien-kultur seit 1984“ (oder so) ergänzt werden.
jedenfalls aber: blog ist ganz sicher NICHT „ein redaktionssystem und nichts weiter“, in das dann verschiedene leute verschiedene dinge reintun. was „blog“ ist, da habe ich schon mit meinem damaligen mediatope-kollobaroteur gestritten. noch kein abschließendes ergebnis.
*anm.: dort auch gedanken zu "blog" und "pop", hier und passim.
dazu kommt die problematik, daß blog ein phänomen ist, das zuerst in den usa aufkam. nun, wie halten es die amerikaner mit der popliteratur? oder betrachten wir die deutschen blogs unabhängig von den transatlantischen einflüssen - was m.e. nicht ganz legitim ist?
guter punkt. die amerikaner benutzen „popliteratur“ gar nicht. Die franzosen benutzen es selten als fremdwort, wie „waldsterben“. wieder das problem, dass der literaturhistoriker oft hat: begriffe konstruieren und definieren, die aus der zeit selbst kommen, aber natürlich nur als künstliche instrumente erkenntnisfördernd sind (oder eben nicht). Ich glaube schon, dass der begriff hier nützt. wie gesagt: genau wie z.b. „neue sachlichkeit“, für das ganz ähnliches gilt, inklusive hype.
das sollte man erst mal historisch untersuchen: „pop“ ist ja vor allem in GB ein extrem wichtiges wort, eigentlich stammt fast alle wichtige pop-philosophie von dort (außer warhol natürlich), und trotzdem haben sie keine explizite „pop-literatur“ entwickelt. möglicherweise war das gesonderte etikett völlig überflüssig, weil ja die distinktion zum "alten feuilleton" hier ganz anders aussah.
dann ist „pop“ um 1980 (punk, „sounds“ und die folgen) neu entdeckt und definiert worden. und von da aus führt eine direkte linie durch das mainstream-feuilleton (münchner clique, früher sz, jetzt fasz und spiegel) und „tempo“ zu den tristesse-royale-leuten, was wiederum ein überraschend gutes experimentelles buch ist übrigens. Und das beste aus der hochzeit der „pop-literatur“ scheint mirt ansonsten tatsächlich „ampool“ zu sein (neuerdings offline??), wenn man die texte herunterlädt und als papiertext liest.
was wiederum zur überaus schwierigen frage führt, wie und wann aus text „literatur“ wird …
links zum antville-thread (via reisenotizen aus der realität, dem literaturinteressierten blog der kommentatorin):
> kurzer verriss zu "pop-literatur" (hella streicher)
> langer austausch zu literatur und pop-literatur im allgemeinen (don dahlmann u.a.)
jurijmlotman - am Mittwoch, 3. November 2004, 22:36 - Rubrik: neue deutsche literatur
... oder genau nicht, wie don dahlmann meint? kommentar von raspe.
beides: sie sind das, was den historischen "popliteratur"-hype (1995-2001) abgelöst hat, und sie sind die fortsetzung des großen projekts "popliteratur", das im deutschsprachigen raum halt doch mit brinkmann und handke beginnt (mit fichte kann ich persönlich nicht so viel anfangen).
so sehr ich also verstehe, dass man nicht "popliterat" geschimpft werden will: die literaturgeschichte wird das so sehen. da sorge ich noch dafür. und mit zeitgenössischen schubladenbegriffen ist das ja immer so: keiner will dazu gehören, und hinterher gibt es eine analytische version davon. wie im fall "neue sachlichkeit", "neue subjektivität" usw. alles sinnvolle begriffe.
beides: sie sind das, was den historischen "popliteratur"-hype (1995-2001) abgelöst hat, und sie sind die fortsetzung des großen projekts "popliteratur", das im deutschsprachigen raum halt doch mit brinkmann und handke beginnt (mit fichte kann ich persönlich nicht so viel anfangen).
so sehr ich also verstehe, dass man nicht "popliterat" geschimpft werden will: die literaturgeschichte wird das so sehen. da sorge ich noch dafür. und mit zeitgenössischen schubladenbegriffen ist das ja immer so: keiner will dazu gehören, und hinterher gibt es eine analytische version davon. wie im fall "neue sachlichkeit", "neue subjektivität" usw. alles sinnvolle begriffe.
jurijmlotman - am Donnerstag, 28. Oktober 2004, 22:03 - Rubrik: neue deutsche literatur
... mit dem haus-literaten ANH.
via (verschlungen)
via (verschlungen)
jurijmlotman - am Freitag, 22. Oktober 2004, 19:36 - Rubrik: neue deutsche literatur
... das blog gefällt mir auch immer besser, literarisch gesehen.
jurijmlotman - am Mittwoch, 13. Oktober 2004, 17:58 - Rubrik: neue deutsche literatur
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... da habe ich also bei zwei (1 und 2) sehr verschiedenen texten/autoren etwas ähnliches auszusetzen gefunden, wobei der zusammenhang mir erst nachträglich klar geworden ist: dass sie "zu schön" (zu ästhetisch/poetisch) sind, wobei mir in beiden fällen die tatsache, dass sie mit ästhetischen/poetischen mitteln ein zeitgenössisches erkenntnismedium sein wollen, gerade sympathisch ist.
in beiden (sonst ganz verschiedenen) fällen interessiert mich nicht eigentlich die geschmacksfrage, sondern das, was dahinter stecken könnte: was das "poetische" einer prosasprache (bzw. einer bildsprache) ist, überhaupt und jetzt, 2004, was als erkenntnismodell dahinter steckt (weil e-literatur = erkenntnis-literatur, sprachlabor), welche anderen prosasprachlichen konzeptionen des betont "poetischen" es gibt , was "literari(zi)tät" in relation zu "poetizität" ist, und schon auch die frage des "sounds" und die des textes-als"stimme" ...
und weil das alles mit meinem unveröffentlichen hauptwerk über diaristisches schreiben seit 1950 eng zusammenhängt, werden die möglichen antworten immer komplizierter. weshalb erstmal dieser verlegenheitseintrag als platzhalter dienen muss.
in beiden (sonst ganz verschiedenen) fällen interessiert mich nicht eigentlich die geschmacksfrage, sondern das, was dahinter stecken könnte: was das "poetische" einer prosasprache (bzw. einer bildsprache) ist, überhaupt und jetzt, 2004, was als erkenntnismodell dahinter steckt (weil e-literatur = erkenntnis-literatur, sprachlabor), welche anderen prosasprachlichen konzeptionen des betont "poetischen" es gibt , was "literari(zi)tät" in relation zu "poetizität" ist, und schon auch die frage des "sounds" und die des textes-als"stimme" ...
und weil das alles mit meinem unveröffentlichen hauptwerk über diaristisches schreiben seit 1950 eng zusammenhängt, werden die möglichen antworten immer komplizierter. weshalb erstmal dieser verlegenheitseintrag als platzhalter dienen muss.
jurijmlotman - am Mittwoch, 13. Oktober 2004, 17:54 - Rubrik: neue deutsche literatur
... über literatur und blogs, 1900-decadence und post-warhol-pop, sprachkunstwerke und texte-als-schreib-maschinen ist hier unversehens entstanden. bloss weil ich nichtmaedchen verteidigt habe ... to be continued.
NACHTRAG:
weiteres: nichtmaedchen erläutert und ANH reagiert.
... und ANH schreibt schönes statement dazu in die dschungel
... und der thread wächst und wächst
NACHTRAG:
weiteres: nichtmaedchen erläutert und ANH reagiert.
... und ANH schreibt schönes statement dazu in die dschungel
... und der thread wächst und wächst
jurijmlotman - am Samstag, 9. Oktober 2004, 10:31 - Rubrik: neue deutsche literatur
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