aesthetik des protests
aging of pop
alte deutsche literatur
archiv_aufsaetze
cento
computational humanities
die spd neu erfinden
digital lifestyle
DOWNLOAD tagebuchliteratur
dylan
emerging democracy
first life
goetzblog
ich
journalintime
language games
... weitere
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren
jurij m. lotman (R.I.P.)
die grenzen des textes sind die grenzen der welt

 

goetzblog

... ich meist selber auch nicht. Falsches reden, falsch denken, aber dann Schreiben da dagegen, das könnte fast eine Definition guter Textproduktion -"

stimmt für mich auch. wobei ich dann auch mein schreiben nicht mag: irgendwas ist da immer auf dieselbe weise falsch, seit 29 jahren. und zugleich die weigerung, das abzurunden und auf irgendeine weise "brillant" klingen zu lassen. sehenden auges ein gran einige deka peinlichkeit zulassen, aber das hinterher nie gut finden. sonst wäre es ja auch nicht peinlich.

goetz' versuch am eigenen leib besteht ja auch darin, dass er sich seine semiotischen welten künstlich konstruiert: welchen semen setze ich mich täglich aus? so wie das jeder von uns tut, ob bewusst oder nicht. (und literatur-menschen sind eben solche, die als gestrandete fische befremdet auf den lebensstrom schauen und hilfskonstruktionen bauen.)

im augenblick eben: berliner theater, dazu mit leib-und-leben-einsatz tägliches studieren der staatsbürokratie (frank steinmeier), mit luhmannistischer polemik gegen die ausgelutschten sprachspiele der hohlgewordenen deutschen medien: ob taz, ob bild, auch sz - keine kraft mehr darin, völlig unabhängig vom (nicht-)einverstandensein mit der message.

mir ist diese welt-konstruktion ja sehr fremd, in 2007. internet scheint da keine rolle zu spielen, wie generell im deutschen diskurs. in allen deutschen diskursen. komplett unbegriffen. die BRD-Kultur ist jetzt schon vergangenes jahrhundert, wie Großbritannien jahrzehntelang eine museale ruine war von 19.jhd schwerindustrie und 19.jhd kolonialmacht.

synonym für schriftsteller/literatur: stellvertretend für uns das semantische kreuz der welt auf sich nehmend. sich als sprachsensibler außenseiter berliner staatsbürokratie antun: eine unangenehme arbeit, aber jemand muss sie tun. und journalisten tun es nicht, auch nicht die guten, weil sie nicht befremdet genug hinschauen.

wenn man die definition für literatur benutzt, ist sofort klar, welche gern gelesenen texte komplett irrelevant sind. auch maxim billers shortstories, zum beispiel, der ganze blöde post-popkulturelle poetische neorealismus ...

trozdem irritation, dass goetz auf diese weise im gestern lebt. ich weiß nicht, ob frank steinmeiers luhmann-bürokratismus außer polemischem kontrast irgendwelche erkenntnisse birgt. und junge fortsetzer des großen erkenntnisexperiments sehe ich gerade nicht.

"Rainald Goetz hält sich jetzt seit Jahren ohne Werk und nur als Markenartikel im Gespräch." Willi Winkler, verständlich, aber verständnislos. kernsätze der glosse lassen sich aber auch tief verstehen: "... vor allem schreibt er nicht mehr. ... In seinem Tagebuch streift er von Berlin-Mitte bis nach Berlin-Mitte. ... der Blog wird hier zu Schminktipps und Society gereicht. So geht Goetz dahin und vertreibt seine Zeit, statt was Vernünftiges zu tun. Es ist eine Tragödie: ein denkender Mensch als Beipackzettel."

(aber sind wir das nicht alle: überflüssige beipackzettel in dem multi-vitamin-präparat, das wir "leben" nennen ...)

... "weil auch der Intellektuelle ein fundamental aus der Gesellschaft der Vielen Ausgestoßener ist."

"Nicht im Gegenstand, nicht in der Methode, nicht im Fasziniertsein von Grellheiten und Missverständnissen würden sich Kunst und Journalismus unterscheiden, sondern im Gefühl für Balancen, in der Sehnsucht nach Uneindeutigkeit, das heißt: im Interesse an Wahrheit."

kaum bin ich ins grübeln gekommen, ist das definitiv jetzt aufgelaufen zu neuer form. das neue stück über Medien als soziales system hier:

"Nichtverstehen ist aber reaktionär und Alienation die alte Leier der egal wodurch Distanzgeschädigten. Zu viel Nähe, Einfühlung, Verstehen; zu viel Nichtverstehen, Arroganz, Distanz: da dazwischen ereignen sich die Erschließungsvorgänge am Corpus rerum mysticum der Welt. ... Den Weg der Ruhe wählt die Wissenschaft."

ja.

der eintrag zu drogen heute scheint eine rückkehr zu alter form anzudeuten. ich hatte schon befürchtet, dass der VF-kontext das schreiben in ein steifes verlautbarungs-template nahelegt.

"Das Vokabular und die Geisteswelt der Äußerung wird als heute fremdartig und störend, auch als gefährlich identifiziert. Aber der Diskurs kann nicht einfach nur darüber hinweggehen, weil er sich vom Geist des so vergangenheitshaft Gesagten an sich selbst von früher erinnert und dadurch in seiner Identität, die reine Gegenwart ist, provoziert fühlt. Ja, stimmt, so hat man damals gedacht und geredet, ist ja komplett verrückt."

auf einen selbst anwenden. (grundregel, immer.)

ansonsten stimmt es: merkwürdig altväterlich, das blog. was er aus obigem folgert, z.b., ist nicht wirklich interessant. fast schon ein bisschen doof. ein weiterer seltsamer baustein im versuch das "projekt goetz" zu verstehen. da muss alles in kauf genommen werden: wie die allerschlechteste platte von bob dylan. gab es da einen bruch in den letzten 10 jahren? gehts ihm jetzt zu gut (ästhetisch gesehen)? und was bedeutet das alles?

"Eigentlich glaube ich nicht daran, dass auf diese Art das Politische in eine Kunst hinein importiert werden kann. Aber sehr wohl kann so ein für den Künstler [Theoretiker ...] unverzichtbarer Krieg gegen sich selbst geführt werden. Gegen die zu simple Schönheit der eigenen Sachen, gegen die innerkünstlerisch stringente Logik der eigenen Weiterentwicklung. Mit jeder neuen Werkgruppe hat Wolfgang Tillmans mit unfassbarer Selbstverständlichkeit und Leichtigkeit die Türe zu neuen Bildern aufgemacht, nie dabei, vielleicht das schwerste, die früheren Resultate dementiert oder vernachlässigt." (#)

(er schreibt diesmal ja ein "klassisches" tagebuch, im gegensatz zu Abfall, das ja bereits "digitaler" wirkte.)

... das Netz sei ein Medium der Bilder, nicht der Buchstaben. Wenn er dieses Diagnosemärchen für sich braucht, um Monocle Online außerordentlich zu machen, wunderbar. Aber in der Sache selbst werde ich im laufenden Prozess hier eigenhändig Evidenz vorlegen, die das Gegenteil beweisen wird, so Klage."

        

twoday.net AGB

xml version of this page

xml version of this topic

powered by Antville powered by Helma